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Bedürfnisse und Ambiente

Sollte der Ladenbauer von heute auch Dienstleistungen anbieten und damit problemorientiert handeln? Wie die Zukunft des Ladenbaus im Sanitätshaus aussehen könnte, schildert der folgende Artikel von Hans-Jürgen Freichel (Shop Consulting, Kleinwallstadt).

Wer sich nicht professionell mit Ladenbau auseinandersetzt, wird zunehmend von neuen Begriffen überrascht, z. B. Fun-Shopping, Erlebniskauf, Warenwelten, Event-Marketing, u. a. Permanent werden Trends entdeckt und publiziert.

Der Einzelhändler im Sanitätshaus weiß, dass er sich mit dem Ambiente seines Geschäftes von dem Wettbewerb abheben kann. Was er vielfach nicht weiß, ist, was obige Begriffe mit seinem konkreten Vorhaben zu tun haben. Das sind doch Dinge, die zu anderen Branchen oder, wenn überhaupt, zu den Großen der Branche passen. Was soll das kosten und wer garantiert ihm, dass es sich bei obigen Themen nicht um kurzfristige Trends handelt, die nach kurzer Zeit verblassen?

So ist es leicht erklärlich, dass durch die Zusammenarbeit handwerklich orientierter Ladenbauer und Einzelhändler bisher kein Trend die traditionelle Ladenbauweise im Fachhandel verdrängen konnte. Verstärkt wurde die Situation dadurch, dass in den meisten Geschäften ein aktives Verkaufen nie stattfand, die Ladeneinrichtung brauchte für die Ware keine aktive Verkaufsrolle zu übernehmen. Rezeptumsatz, Ambiente und Preis spielten kaum eine Rolle, denn es wurde mit Blankoschecks (sprich Rezept) bezahlt. Aktive Warenpräsentationen und Kaufanreize spielten eine untergeordnete Rolle. Der Kunde kam, weil er auf das Sanitätshaus angewiesen war. Es gibt (noch) keine Discounter oder Factory Outlets, wo er mit seinem Rezept hin könnte. So ist es erklärlich, dass manchen Sanitätshäusern eine Entwicklung verborgen blieb: Der Konsument hat sich verändert, ist anspruchsvoller geworden. Er will "value for money". Ein gutes Produkt zu einem fairen Preis, das reicht dem Konsumenten nicht mehr. Er hat neue Produkte, niedrigere Preise, Qualität und Kulanz verlangt und bekommen, einen bequemen Einkauf in ansprechendem Ambiente. Auch die Ausrichtung auf eine stärkere Serviceorientierung ist notwendig, denn das Produkt alleine bringt immer weniger Kunden in die Räume und mit Service kann man sich vom Wettbewerb abheben. Der Kunde sucht nicht Ware, sondern Wunscherfüllung, nicht Bedienung, sondern Beratung, nicht Verkaufsraum, sondern Atmosphäre.

"value for money"

Das Sanitätshaus kann sich diesen Ansprüchen nicht mehr entziehen, wenn es unabhängiger vom Rezeptkunden werden will. Dabei hilft eine einfache, zeitlose Architektur mit flexibler Ladeneinrichtung, die jederzeit und kostengünstig durch eigenes Personal umgestaltet werden kann, für die Darstellung der Angebote und Dienstleitungen. Aber sie muss Atmosphäre schaffen. Das Umfeld der Ware wird wichtiger als die Ware selbst: Begleitende Aktionen, Beratung, Warenpräsentation, Serviceleistungen, der optische und menschliche Rahmen. Der Kunde wird begleitet mittels Highlights, Aktionsbühnen, Anwendungsinszenierungen, auch plakativ, und animierende Warenbilder mit emotionaler Ansprache. Dies lockt zum Verweilen, zum Dialog, zur Auseinandersetzung (z. B. Fotoserien über Behindertenolympiade, erotische Fotos mit Behinderten, u. a.). Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es wichtig ist, im Sanitätshaus mit seinen spezifischen Anforderungen kreativ zu bleiben, die richtige Atmosphäre zu schaffen und sein Angebot, seine Verkaufsform, seine Ausstattung nach den Kundenbedürfnissen auszurichten. Die meisten Kunden benötigen ein Beratungsgespräch. Einkaufen im Sanitätshaus bedeutet für den Verkäufer: Probleme lösen - Problemlösungen werden über Wissen und nicht über den Preis verkauft, sind aber der Zukunftsmarkt. Hier gilt es, Kreativität einzusetzen und neue Allianzen, auch mit branchenfremden Partnern, zu bilden. Themenaufbau, Sortimentseingliederung, Shop in Shop sind hier Kernaussagen. Wie wäre es mit dem Sanitätshaus als Social Point? Immer mehr Menschen leben allein. Hinausgehen, um Menschen zu treffen, wird zu einem zentralen Motiv des Einkaufens.


Autor:
Hans-Jürgen Freichel
Veröffentlicht in:
GesundheitsProfi April 1998/Nr.4

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