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Das Geschäft als Theaterbühne
Flexibles Agieren auf Trends und Entwicklungen, auf Änderungen und Veränderungen
sind die zukünftigen Anforderungen, die an die Ladeneinrichtung gestellt werden. Doch bevor
der OSM mit der Planung ins Detail geht, muss er sich über seinen jetzigen und zukünftigen
Marktauftritt Gedanken machen. Ein nicht leichtes Unterfangen, wie Hans-Jürgen Freichel meint.
Früher war der Denkansatz vor Beginn einer Ladenbaumaßnahme: Wo will ich mit meinem
Betrieb hin? Heute heißt der Denkansatz: Bin ich mit der Geschäftsausstattung
in der Lage, bei künftigen Veränderungen im Produktangebot, verstärkte
Dienstleistungen oder bei einer anderen Zielgruppe, ohne große Baumaßnahmen
mit meiner Einrichtung diesen (noch nicht bekannten) Anforderungen folgen
zu können?
Bei einer Ladengestaltung darf nicht die Gestaltung selbst das Ziel sein, sondern
deren Aussage im Sinne eines Dienstes an Produkten und Leistung des jeweiligen
Fachgeschäftes. Moderne Ladeneinrichtungen werden heute sehr flexibel
geplant, so dass sie ohne Zusatzinvestitionen immer aktuell angepasst
werden können und zwar Änderungen, die sich aufgrund von Veränderungen
der Sortimentsstruktur ergeben als auch Änderungen in den Gestaltungstrends.
So wird es ein permanentes Arbeiten mit und an der Einrichtung geben.
In die Zukunft blicken
Wer als OSM das Thema Ladengestaltung angeht, muß sich vor allem auch darüber Gedanken
machen, wie sich die Handelsstruktur bis zum Jahr 2005, besser noch sogar
bis zum Jahr 2010, dem voraussichtlichen Ende der Nutzung der Einrichtungen,
die derzeit konzipiert werden, entwickeln wird. Wie sie tatsächlich aussehen
wird, weiß niemand. Eines scheint heute aber sicher: Sie wird sich gravierend
verändern, sicherlich auch weit mehr, als sie sich in den zurückliegenden
12 Jahren verändert hat.
Wichtig ist, dass es derjenige, der Ladeneinrichtungen plant, die Trends kennt:
- Wie entwickelt sich die Handelslandschaft?
- Wie ändern sich die Ansprüche der Kunden?
- Wie wird der Trend in der Ladengestaltung sein?
Zielgerechte Planung kann auch nur dann gelingen, wenn Klarheit über den heutigen und
künftigen Marktauftritt herrscht und dem Ladenbauer ein entsprechendes
Briefing vorliegt (siehe dazu Kasten auf S. 7). Für viele OSM ist dies
ungeheuer schwierig. Da wir schon bei der Erstellung einiger Briefings
mitgewirkt haben, wissen wir, wie schwer sich der Umbauinteressent hier
tut: Setzen Sie sich mal zwei Stunden hin und schreiben Sie für Ihren
Betrieb Ziele und Visionen auf.
Das Geschäft als Theater
In Anlehnung an die Theaterwelt, in der die Kulissen je nach Inszenierung auch recht
variabel, aber immer nur im Hintergrund sind, sind Geschäfte, die künftigen
Ansprüchen genügen müssen, auch als Bühne oder Kulisse zu gestalten. Wie
im Theater spielt sich dann vor dieser Kulisse der eigentliche (Kauf-)
Akt ab. Dazu müssen vor der Kulisse die Waren dargestellt werden, wobei
Produkt und Themenpräsentation immer als eine Einheit dargestellt werden.
Als eine Einheit darstellen ist heißt, dass keine trennenden Seiten, Schubladenschränke
oder Regaldecken die optische Zusammenfassung des Sortiments stören.
Es ist durchaus möglich, dass man bei einem Thema mit der Regaleinheiten auskommt, für
ein anderes Thema, das zu einem anderen Zeitpunkt hier aufgebaut werden
soll, aber fünf Einheiten benötigt werden.
Voraussetzung ist aber auch, dass nach Warenthemen und nicht nach Größen im Schuhbereich
präsentiert wird. So könnte zum Beispiel ein Warenthema im Winter unter
dem Motto stehen: "Sicher unterwegs", das abgewechselt wird zum Beispiel
von der Thematik: "Orthesen und elegante Schuhe" oder "Leichtes für den
Sommer". Wichtig ist, dass dieses Thema auch immer mit Photos visualisiert
wird und von der Menge her nicht überfrachtet wird.
Die Botschaft zeigen
Grundsätzlich sollte die Erkenntnis im Vordergrund stehen, dass mit weniger Einrichtung
bei guter Warenpräsentation ein höherer Kundennutzen erzielt werden kann.
Keinen Kunden interessiert, in einem Verkaufsladen die Regale voll mit Verpackung zu
sehen. Besser ist es, den Laden zu verkleinern, ein Handlager zu schaffen
und dem Kunden den Eindruck eines "Schachtelgroßhandels" zu ersparen.
Im Kundenbereich muß Ware gezeigt werden. Ware, die nicht gezeigt werden
soll, hat im Verkaufsraum nichts verloren. Sie kann im Handlager raumhoch
gestapelt werden und hat dort wenig Platzbedarf. Misshandlungen der Räume
durch warenoptimierte Gestaltung ist zu vermeiden. Nur Ware, die gut sichtbar
ist, kann Kaufimpulse auslösen.
Es sind auch diese Dinge, die beeinflussen, ob der Kunde den Laden als teuer oder
billig, gemütlich oder ungemütlich, ordentlich oder unordentlich, gut
oder schlecht sortiert empfindet. Die Botschaft des Ladens muß erkennbar
sein. Für welche Werte, welche Philosophie, welche Lebensart steht er?
Viele Einrichtungen werden heute als Erlebniswelt gestaltet. Als solche bezeichnet man die
auf eine Zielgruppe ausgerichtete Gestaltung des Ladens oder die Unterteilung
des Ladens in mehrere Erlebniswelten bei der Ansprache verschiedener Gruppen.
Der Sinn von Erlebniswelten ist es, die Identifikation mit der Zielgruppe
und somit den Verkaufsimpuls zu erhöhen. Als Gestaltungsmerkmale stehen
zur Verfügung:
- Visual Merchandising
das optische Herausstellen der Ware ins beste Blickfeld, damit diese für
sich selbst spricht.
- Szenarien
In Szenarien wird der Verwendungsalltag der Produkte in seinem Gesamtzusammenhang
gezeigt, dass heißt, nicht das Produkt steht im Mittelpunkt, sondern das
Ziel, das man mit dem Kauf des Produktes erreichen will. Ein Diabetiker
kauft keinen Diabetikerschuh, sondern um Folgeerkrankungen vorzubeugen
und möglichst lange am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
- Faszinationspunkte
Diese sind Erlebnisfelder, die die Kunden im Geschäft stoppen, faszinieren,
überraschen, da an dieser Stelle nicht mit dieser Thematik gerechnet wurde.
- Events
sind einmalige oder dauerhafte Aktionen, die das Image des Geschäftes
verbessern sollen und dem Kunden zusätzlich zu einem Einkauf noch ein
besonderes Erlebnis verschaffen.
- Dekoration
ist die eigentliche Gestaltung dieser angesprochenen Punkte.
Vielen Fachhändlern fällt es schwer, sich mit diesen neuen Präsentationsformen anzufreunden.
Der Anfang ist trotzdem schnell gemacht: Mit einer Ecke oder einer Fläche
einfach mal beginnen und die Wirkung auf die Kunden testen.
Wie, was, wodurch?
Die Besinnung auf das Wesentliche, das Anstreben kostenbewusster Planungen ohne dabei
die gestalterischen Aspekte außer acht zu lassen, ist das geeignetste
Mittel, die unternehmerischen Ziele der kommenden Jahre vorzugeben. Rückbesinnung
auf die Funktion der Ladeneinrichtung als Warenträger. Jeder OSM sollte
für seinen Standort, für seinen Zielkunden, für seine Produktpalette das
überzeugendste Profil anstreben. Darauf muß man nun die "reduzierte Ladeneinrichtung"
abgestimmt werden, in dem sie ergänzt wird um die Teile des Zeitgeistes
unter der Trends - sowohl was das Sortiment an sich als auch die Präsentation
betrifft.
Die Aktualisierung des Ladens ist kein Selbstzweck. Sie ist nur dann gerechtfertigt wenn
die Wettbewerbssituation und die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens dadurch
nicht nur vorübergehend verbessert wird. Wie dies geschehen soll, wird
in dem Briefing, das die Basis aller Maßnahmen enthält, festgelegt. Ausgangspunkt
ist eine betriebswirtschaftlich abgesicherte Entscheidung für eine Renovierung
und beginnt mit den umfassenden Checks der Ladenoptik, Warenpräsentation
und baulichen Gestaltung. Die gestalterischen und baulichen Schwachstellen
werden Punkt für Punkt ermittelt und mit dem Fachhändler besprochen.
Die Auswertung erfasst schon wesentliche Punkte: Was sollte wie im Geschäft, Schaufenster,
Fassade oder Eingang umgestaltet werden, um die Anziehungskraft des Geschäfts
zu steigern? Dazu ist ein permanenter Abgleich mit den finanziellen Möglichkeiten
des Bauherrn erforderlich, wie überhaupt das Kostenmanagement ein heikler
Punkt ist.
Im einzelnen enthält das Briefing exakte Angaben über alle Teilbereiche, die von der
Baumaßnahme betroffen sind und gibt jeweils Antworten auf die Fragen:
Wie ist die Situation?
Wie sollte diese Situation sein?
Wie erreiche ich das?
Die Teilbereiche der Baumaßnahme können sein:
- Fassade
- Schaufenster
- Flächenkonzeption
- Flächenpolitik (welche Ware sucht welcher Kunde zu welchem Saisonzeitpunkt?)
- Kundenführung
- Ambiente
- Warenpräsentation
- Erlebniswelten
- Werbung
Zu all diesen Punkten werden im Briefing die Leitsätze festgelegt, auch dann, wenn sie
(vorerst) noch nicht von dieser Maßnahme betroffen sind.
| Autor: Hans-Jürgen Freichel |
Veröffentlicht in:
Sonderheft der Orthopädieschuhtechnik Funktion & Ästhetik
Laden- und Werkstattgestaltung für den Orthopädiebetrieb
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